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Scooter-Sharing in den USA: Hilfe, die Rowdies sind los!

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geschrieben von Marinela Potor

Die USA sind eine der größten Tech-Nationen dieser Welt. Doch wie stehen eigentlich die Amerikaner selbst zu all dem? Welche Trends begeistern sie, welche gehen völlig an ihnen vorbei? Genau darüber berichtet Marinela Potor – direkt aus den USA – in regelmäßigen Abständen im BASIC thinking US-Update. Diesmal geht es um E-Scooter. Hierzulande werden sie gefeiert. In den USA  dagegen sorgt Scooter-Sharing für Chaos. 

Disclaimer: Ich bin kein Scooter-Mensch! Vermutlich wurde ich schon früh in meiner Kindheit traumatisiert. Ich erinnere mich da an ein sehr unglückliches Tretroller-Erlebnis, das mit blutigen Knien endete.

Doch als jemand, der sich für sämtliche Formen der Mobilität begeistern kann, habe ich rein objektiv betrachtet, nichts gegen Roller – egal ob klassischer Tretroller oder E-Scooter.


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Ganz im Gegenteil. Die kleinen E-Scooter können eine tolle Ergänzung zu öffentlichen Transportmitteln sein und haben damit schon sogar in einigen Städten viele Autos ersetzt.

Das kann allerdings nur dann funktionieren, wenn wir in Deutschland das Scooter-Chaos vermeiden können, das ich hier in vielen Städten in den USA erlebe. Damit meine ich fast ausschließlich das E-Scooter-Sharing, mit dem Unternehmen wie Jump oder Bird viele US-Städte gefühlt überrollt haben.

Das sieht doch nicht schön aus!

Da wäre zum einen die Unordnung.

Ich hasse Unordnung. Meine CDs sind nach Musikrichtungen sortiert – ja, ich habe noch CDs! – und selbst das Geschirr, das ich in die Spülmaschine räume, hat eine ganz bestimmte Ordnung.

Die E-Scooter in den USA sind aber leider alles andere als ordentlich. Das liegt am Free-Floating-Modell beim Sharing. Bedeutet: Du kannst die Scooter fast überall dort abstellen, wo du willst. Das klingt bequem, sorgt aber für viele Probleme.

Erstens: Nutzer werfen ihre Scooter wahllos auf den Bürgersteig. Dafür gibt es in den USA sogar einen passenden Hashtag: #scootersbehavingbadly.

So etwas stört in erster Linie mein ästhetisches Empfinden. Das sieht doch nicht schön aus! Okay, nun mag nicht jeder so einen Ordnungsfimmel haben wie ich, aber das ist ja noch nicht alles.

Verschleiß und Verletzungsgefahr durch Scooter-Sharing

Zweitens: Durch dieses Verhalten gehen unglaublich viele E-Scooter sehr schnell kaputt. Sicher, die E-Scooter im Sharing erfüllen nicht die höchsten Qualitätsstandards.

Doch ich finde es respektlos und auch einfach eine Verschwendung von Ressourcen, wenn man alle paar Monate die E-Scooter austauschen muss, nur weil die Nutzer sie nicht ordentlich abstellen können.

Drittens: Diese herumliegenden E-Scooter sind eine Verletzungsgefahr.

Weil viele Nutzer nämlich gar nicht darauf achten, wo sie die Scooter abstellen, landen sie oft an sehr ungünstigen Orten. Tagsüber mag das noch gehen. Als ich aber neulich abends in der Innenstadt von Cincinnati zu Fuß um eine Ecke bog, bin ich erstmal in einen Scooter gerannt und auch noch fast umgeknickt.

Irgendein Schlaumeier hatte das Ding wirklich mitten auf dem Bürgersteig gelegt und zwar genau dort, wo man es nicht erwartet, wenn man um die Ecke kommt. Da es auch nicht besonders hell war, habe ich das Gefährt gar nicht gesehen.

Noch problematischer ist es, wenn jemand mit einem Kinderwagen oder mit einer Gehhilfe für Senioren vorbei will. Da muss man erst den Scooter aus dem Weg schaffen, bevor man überhaupt vorbei kommt.

Cincinnati hat aktuell (zum Glück!) nur einen Anbieter für Scooter-Sharing vor Ort. Wie soll das aber in Berlin oder Hamburg laufen, wo bereits mindestens ein halbes Dutzend Sharing-Anbieter in den Startlöchern stehen?

Ein stationäres Modell, bei dem man die Scooter an festgelegten Stationen abholt und wieder abstellt, wäre sicher hilfreich.

Doch die deutschen Städte haben hier wenig Regulierungs-Spielraum. Man muss also mehr oder weniger darauf hoffen, dass Anbieter ein stationäres Modell einführen oder darauf, dass Nutzer rücksichtsvoll sind.

In den USA funktioniert beides nicht.

Achtung, die Scooter-Rowdies sind los!

Denn das Free-Floating-Modell an sich wäre ja nicht so schlimm, wenn die Nutzer selbst einfach rücksichtsvoller wären. Genau daran hapert es – und zwar nicht nur beim Abstellen der Scooter, sondern auch beim Fahren.

Wo es Radwege gibt, sollten E-Scooter theoretisch darauf fahren. Das ist aber nicht überall Pflicht. Auch muss man sagen, dass viele Städte in den USA eine katastrophale Infrastruktur für Fahrräder haben.

Zwischen Fahrbahn und Bürgersteig wählen daher die meisten Scooter-Fahrer den Bürgersteig. Anders als in Deutschland ist das in den USA nämlich erlaubt. Hier kann ich nur sagen: Da haben die deutschen Fußgänger wirklich Glück gehabt. Denn 20 Kilometer pro Stunde ist einfach zu schnell für den Bürgersteig.

Oftmals sind die E-Scooter-Fahrer auch noch in Gruppen unterwegs. Da fahren also zwei oder drei Leute nebeneinander in einer Reihe im Affenzahn durch die Stadt. Ich habe schon etliche Zusammenstöße erlebt, weil die Scooter-Fahrer einfach nicht aufpassen.

Zum Teil bringen sie damit auch sich selbst in Gefahr. Vor einer Woche ist mir ein E-Scooter-Fahrer beinahe vors Auto gefahren. Er hatte sich entschieden, bei Rot über die Fußgängerampel zu fahren.

Zum Glück wollte ich abbiegen und war daher nicht sehr schnell unterwegs. So konnte ich gerade noch rechtzeitig bremsen.

Oft genug klappt das aber nicht und so steigt in den USA die Zahl der Unfälle mit E-Scooter-Fahrern – sowohl bei Zusammenstößen mit Fußgängern als auch mit Autofahrern.

Einige Scooter-Sharing-Anbieter haben deswegen schon Sicherheits-Tutorials in ihre Apps integriert oder bieten Helme für die Nutzer an. Doch viel scheint das nicht gebracht zu haben.

Helme trägt keiner und viele E-Scooter-Fahrer führen sich wie Road-Rowdies auf. Sobald sie auf ihre Gefährte steigen, nehmen sie auf nichts und niemanden mehr Rücksicht.

Natürlich fahren nicht alle so. Ich bekomme dadurch aber mittlerweile schon Aggressionen, wenn ich einfach nur einen abgestellten E-Scooter irgendwo sehe.

Scooter-Sharing: Droht das Chaos auch in Deutschland?

Nun ist Deutschland nicht die USA. Die Regulierungen sind anders, strenger und irgendwie habe ich doch die Hoffnung, dass Deutsche einen größeren Ordnungssinn haben als die Amis.

Beziehungsweise, dass die Politik hier doch eingreift, wenn das Chaos beim Scooter-Sharing zu groß werden sollte. Das wünsche ich mir zumindest. Denn E-Scooter sind eigentlich eine coole neue Mobilitätsform.

Daher hoffe ich, dass das befürchtete Scooter-Sharing-Chaos in Deutschland ausbleibt, während ich mich hier wohl weiter damit herumärgern muss …

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.