Technologie

Berliner Künstler legt Google Maps herein: Doch Hack funktioniert in Wirklichkeit nicht

Google Maps Hack, Simon Weckert
Der Hack von Simon Weckert hat in der Realität einen großen Haken. (Foto: Screenshot / YouTube)
geschrieben von Marinela Potor

Der Berliner Künstler Simon Weckert hat mit einem außergewöhnlichen Projekt pünktlich zum 15. Geburtstag von Google Maps viel Aufmerksamkeit erzeugt. Doch es gibt ein Problem dabei: Unter normalen Umständen würde der Hack überhaupt nicht funktionieren.

Es ist wahrscheinlich der Hack bei Google Maps, den du noch nicht kanntest und über den bis vor Kurzem auch noch kein Tech-Magazin berichtet hat. Entdeckt hat ihn der Berliner Künstler Simon Weckert.

In einem Video zeigt er, wie man mit einem kleinen roten Karren und 99 Smartphones die App so hereinlegen kann, dass man selbst für autofreie Straßen sorgen kann. Zumindest theoretisch.


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Google Maps mit 99 Smartphones hereingelegt

Dabei ist der Hack relativ simpel – wenn man denn einmal darauf kommt. Weckert hat dafür 99 Smartphones genommen und bei allen Geräten Google Maps aktiviert. Dann hat er die Handys auf einen roten Karren gepackt und diesen nun auf einer Berliner Straße hinter sich hergezogen.

Als Zuschauer sehen wir Folgendes: Ein Mann läuft auf einer nahezu autofreien Straße und zieht ein Wägelchen hinter sich her. Google Maps interpretiert aber daraus: Da bewegen sich 99 Autos auf einer Straße verdammt langsam. Da muss also ein Stau sein.

Dementsprechend sieht man, wie die Straße in Google Maps von „grün“ (kein Verkehr) zu „rot“ (Stau) wechselt, sobald Weckert mit seinem kleinen Wagen dort entlang geht.

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Für Google Maps stehen hier gerade 99 Autos im Stau. (Foto: Screenshot / Simon Weckert)

So funktioniert der Google Maps Hack von Simon Weckert

Ehrlicherweise muss man sagen, dass Weckert die Aktion schon vor einiger Zeit durchgeführt hat und bewusst bis zum 15. Geburtstag von Google Maps mit der Veröffentlichung gewartet hat, um natürlich so die höchste Medien-Wirksamkeit zu erreichen. Das gab der Künstler in einem Interview mit der FAZ jetzt zu.

Als Smartphones hatte er sich zum Teil Telefone von einer Eventfirma sowie von Freunden geliehen. Sie alle enthielten aktivierte SIM-Karten und die Routen-Funktion von Google Maps.

Genau darum funktionierte der Trick auch. Denn andere Autofahrer erhalten ebenfalls aktuelle Stau-Informationen über die App. Im Regelfall werden sie dann diese Straße meiden oder das Navigationssystem leitet sie ohnehin schon auf eine „staufreie“ Route um.

Der kleine Haken am Projekt

So könnte man theoretisch mit diesem Trick für autofreie Straßen sorgen. Doch die Sache hat einen Haken. Nachdem Weckerts Hack sogar in den internationalen Schlagzeilen bei CNN oder der Washington Post landete, fiel einigen Fachleuten jetzt das Problem am Trick auf.

So funktioniert das Ganze zwar auf einer verkehrsfreien Straße. Sobald aber ein echtes Auto auf der gleichen Straße fährt, erkennt Google Maps die Schummelei.

Die Algorithmen bemerken dann nämlich sofort, dass etwas nicht stimmen kann. Fahren beispielsweise neben den Karren-Smartphones auch ein paar Autos im normalen Tempo auf der gleichen Straße, senden sie natürlich ebenfalls ein Signal an die App.

Für die Algorithmen bedeutet das dann Folgendes, wie Technologie-Experte Marcel Weiß erklärt: Langsame Autos können viele Gründe haben, schnelle Autos heißen aber, dass kein Stau vorliegt.

Dementsprechend sticht dann diese Information den Stau-Trick aus und Google Maps würde in dem Fall, selbst mit 99 langsam gezogenen Smartphones, keinen Stau mehr anzeigen.

Simon Weckert bestätigte auch, dass er sich für seine Performance überwiegend auf verkehrsarme Straßen konzentriert habe. Für autofreie Straßen kann man also mit diesem Trick nur sehr begrenzt sorgen – und zwar nur dann, wenn keine Autos auf der Straße unterwegs sind oder nur solche, die nicht Google Maps als Navigationssystem nutzen.

Steuern Navis unsere Sicht auf die Realität?

Doch für Simon Weckert war es auch nicht unbedingt das Ziel, für autofreie Straßen zu sorgen. Vielmehr wollte der Künstler darauf aufmerksam machen, wie Navigationssysteme beeinflussen, wie wir die Welt und den Raum um uns wahrnehmen – und darauf reagieren.

Wir gehen nämlich normalerweise davon aus, dass das, was Navigationssysteme uns zeigen, auch der Realität entspricht. Doch Weckerts Selbstversuch zeigt auch, wie einfach digitale Applikationen unsere Wahrnehmung der Realität, manipulieren können.

Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass sicherlich die wenigsten Autofahrer mit dem Gedanken in der Stadt herumfahren, ihr Navigationssystem auszutricksen, sodass die Systeme in der großen Mehrheit der Fälle durchaus die Realität auf unseren Straßen zeigen.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

3 Kommentare

  • Leider hat euer tolle „Experte“ aber gleich wieder einen Denkfehler eingebaut, denn ganz so einfach ist es nicht. Wenn ich mit dem Fahrrad am Stau vorbei fahre, und dabei Maps laufen lasse, ändert das auch nichts am Stau. So einfach ist das also nicht, denn ein Algorithmus kann schlicht nicht wissen, ob ich im Auto sitze. Außerdem würde man bei ernsthafter Anwendung keins von beidem tun, sondern dem System falsche Daten vom heimischen Computer aus schicken. Das Missbrauchspotential ist aber gering. Es gibt wenig zu gewinnen.

    • Der Algorithmus von Google Maps „erkennt“ Verkehrsteilnehmer zum einen, indem es den Standortwechsel plus Zeit zusammennimmt, um daraus das Tempo zu errechnen. Hinzu kommen noch die Sensoren der App, da sie ja auf deine GPS-Daten zugreift. Auch aus Brems-Mustern kann der Algorithmus spezifische Bewegungsmuster bestimmten Verkehrsteilnehmern zuordnen. Der dritte Input kommt aus dem relativem Vergleich, was macht ein Verkehrsteilnehmer im Vergleich zum anderen. Das System ist offensichtlich nicht perfekt. Aber im Regelfall kann Google verschiedene Verkehrsteilnehmer durchaus zuverlässig unterscheiden. Es kann also gut sein, dass auch das Fahrrad den Stau-Trick offenbart, das müsste man tatsächlich mal testen. Natürlich geht es technisch geschickter als in dem geschilderten Beispiel, aber der Künstler wollte ja auch keinen Hackathon gewinnen, sondern eine Performance-Kunst zeigen 😉

  • Schade eigentlich, dass der Trick nicht funktioniert. Wäre schon lustig gewesen. Aber interessant ist es schon wie Google das alles berechnet und analysiert. Kann man bei Langeweile (und zu viel Smartphones) ja mal in den verkehrsberuhigten Zonen in der Nachbarschaft testen.