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Der digitale US-Wahlkampf: So kämpfen Nutzer auf Social Media gegen Donald Trump

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geschrieben von Marinela Potor

Die USA sind eine der größten Tech-Nationen dieser Welt. Doch wie stehen eigentlich die Amerikaner selbst zu all dem? Welche Trends begeistern sie, welche gehen völlig an ihnen vorbei? Genau darüber berichtet Marinela Potor – direkt aus den USA im BASIC thinking US-Update. Diesmal schaut sie sich an, wie Trump-Gegner soziale Netzwerke im US-Wahlkampf nutzen, um Stimmung gegen den Präsidenten zu machen. 

Eigentlich ist Social Media wie gemacht für den US-Präsidenten Donald Trump. Schließlich hat er mehrfach bewiesen, wie geschickt er die sozialen Medien nutzt, um Botschaften zu senden, Stimmung zu machen oder Wähler zu begeistern.

Doch natürlich nutzen auch Demokraten aktuell im US-Wahlkampf sowie Gegner von Trump im Allgemeinen soziale Netzwerke. Mitten in der Coronavirus-Pandemie, zwischen Lockdown und Quarantäne sind so einige interessante Gegenbewegungen entstanden.

Die explosive Kombination aus Social Media und Corona

Die bekannteste davon sind natürlich die aktuellen Black-Lives-Matter-Proteste, die nach dem Tod von George Floyd so viel Fahrt aufgenommen und so viele Menschen mitgerissen haben, wie selten eine Anti-Rassismus-Bewegung im Land zuvor.

Black Lives Matter ist zwar keine US-Wahlkampf-Aktion. Doch die Proteste sind für viele Bürger sicherlich auch eine Plattform, um ihren Unmut an Trump und seiner Regierung kundzutun.

Nun ist George Floyd traurigerweise nicht der erste Afroamerikaner, der unangemessener Polizeigewalt zum Opfer gefallen ist und leider ist er auch nicht das brutalste Beispiel dafür.

Doch Corona und der damit verbundene Social-Media-Konsum haben eine entscheidende Rolle dabei gespielt, warum die Bewegung gerade jetzt so viele Menschen übers Internet mobilisiert.

In den USA war und ist der Umgang mit der Pandemie in vieler Hinsicht sorglos, chaotisch und unangemessen. Entsprechend saßen viele US-Bürger im Lockdown zu Hause und sahen über Social Media nicht nur, wie die Welt versuchte eine unbekannte Pandemie in den Griff zu bekommen.

Sie sahen gleichzeitig, wie ihr Land dabei versagte.

Die Nachrichten waren überwiegend negativ. Viele Menschen starben. Gesundheitshelfer waren überfordert und es fehlte an allen Ecken und Enden an Hilfe und Unterstützung – insbesondere von der US-Regierung. So war man also vom Tod umgeben, sah wie das eigene System versagte und fühlte sich dabei auch noch machtlos.

Als natürliche Antwort darauf, gepaart mit dem erhöhten Social-Media-Konsum, wollten viele Menschen ihrem Ärger Luft machen und die digital organisierten Black-Lives-Matter-Proteste waren das ideale Ventil dafür.

Tik Tok: So tricksen Teenager die Algorithmen – und Donald Trump aus

Besonders viel Aufmerksamkeit hat in diesem Zusammenhang die Social-Media-Plattform Tik Tok bekommen. Hier fand die Black-Lives-Matter-Bewegung einen sehr direkten Zugang zum US-Wahlkampf – und zwar in Form einiger sehr smarter digitaler Tricks.

So taten sich hier Jugendliche und K-Pop-Fans zu einem etwas ungewöhnlichem Anti-Trump-Protest zusammen.

Für eine US-Wahlkampf-Veranstaltung des Präsidenten in Tulsa kauften die Tik-Tok-Nutzer nämlich haufenweise Tickets, gingen aber nicht hin. So blieb die Veranstaltung überraschend dünn besucht, obwohl das Trump-Team vorher angekündigt hatte, es werde kein Stuhl leer bleiben.

Doch die digital-affinen Teenager gingen noch einen Schritt weiter. Sie schnappten sich den beliebten Hashtag der Anti-Black-Lives-Matter-Bewegung – #WhiteLivesMatter – und verbreiteten diesen massiv auf sozialen Netzwerken.

Allerdings: Sie versahen ihn dabei stets mit GIFs, Bildern oder Videos von K-Pop-Bands. Das hatte zur Folge, dass die Algorithmen den Hashtag plötzlich mit Musik assoziierten anstatt mit Politik, was die Verbreitung der rassistischen Botschaften mit diesem Hashtag nahezu unmöglich machte.

Und dann gibt es noch digitale Anti-Trump-Kampagnen im US-Wahlkampf, die so subtil sind, dass sie kaum einer mitbekommt.

Mit Facebook-Werbung Wähler umstimmen?

Dazu gehört das „Barometer“. Dahinter steckt ein Facebook-Tool, das vom ehemaligen Facebook-Mitarbeiter James Barnes entwickelt wurde. Es soll die Reaktion von Nutzern auf Facebook-Werbung in Echtzeit testen.

Interessanterweise hat Barnes das Tool erstmals im US-Wahlkampf 2016 genutzt – und zwar für das Lager von Donald Trump. Jetzt möchte er seine Taten umkehren und hat sich dafür mit der politisch links orientierten Gruppe „Acronym“ zusammengetan.

Derzeit testen sie das Tool noch. Dazu haben sie eine Liste von Trump-Befürwortern in fünf US-Bundesstaaten zusammengestellt. Diese bekommen auf Facebook zunächst einige Fragen zum politischen System in den USA gestellt. Wer die Fragen nicht richtig beantwortet, landet in der Testgruppe. Angeblich sind nämlich weniger informierte Nutzer am anfälligsten für Werbung.

Diese Test-Nutzer bekommen dann – übrigens ohne ihr Wissen – verschiedene Werbeclips vorgespielt und direkt im Anschluss daran Umfragen, die thematisch dazu passen.

Zum Beispiel: Es wird ein Clip zum Amtsenthebungsverfahren von Donald Trump gespielt. Anschließend sieht man eine Umfrage zur Beliebtheit des US-Präsidenten.

So will man herausfinden, ob negative Trump-Werbung dazu führt, dass Trump-Fans auf Facebook umgestimmt werden können. Offenbar scheint dies mit Anti-Trump-Slogans nicht sehr gut zu funktionieren, wohl aber mit Videos, in denen etwa konservative Journalisten Trump kritisieren.

Auch scheint es Trump-Befürworter nicht zu stören, wenn sie sehen, wie schlecht Trump mit der Corona-Krise umgeht, wohl aber, wenn es den Helfern in der Gesundheitsbranche schlecht geht.

All das ist noch in einer ersten Testphase. Doch die Demokraten erhoffen sich so, dass sie gegen den digital so präsenten Donald Trump im US-Wahlkampf ebenfalls Wähler im Netz erreichen (und umstimmen) können.

Dabei könnte ihnen aber ein Gegentrend in die Quere kommen.

US-Wahlkampf: Ist die Phase der digitalen Proteste vorbei?

Aktuelle Umfragen zeigen nämlich, dass knapp die Hälfte (46 Prozent) aller Social-Media-Nutzer in den USA keine Lust mehr auf politische Themen in den sozialen Medien hat.

Vielleicht ist das ein erstes Anzeichen dafür, dass die Phase der digitalen Proteste im US-Wahlkampf so langsam ausklingt. Doch Performance-Künstler Noah Mickens ist schon einen Schritt weiter. Er sagt: Anstatt im Internet zu streiten und Trump digital zu kritisieren, sollten seine Mitbürger lieber offline aktiv werden.

Denn er fragt sicher nicht zu Unrecht: Wen meint ihr eigentlich, wenn ihr Trump kritisiert? Trump ist sicherlich in den vergangenen Jahren zum Symbol geworden für vieles, was US-Bürgern in ihrem Land nicht gefällt, ob das nun immer gerechtfertigt ist oder nicht.

Eine bessere Form „gegen Trump“ zu protestieren, sei es daher einfach öfter wählen zu gehen – und das auch auf lokaler oder regionaler Ebene – oder zum Beispiel Organisationen zu unterstützen, die sich für Ziele einsetzen, die einem wichtig sind – seien es Menschenrechtsorganisationen oder Klimaschutzorganisationen.

Und dann hat Mickens noch einen ungewöhnlichen Vorschlag: sich mit der Gegenseite anfreunden. Immerhin haben 20 Prozent der US-Bevölkerung Donald Trump zum Präsidenten gewählt. Vielleicht sei es hilfreicher, sich mit ihnen direkt auszutauschen als sie im Internet anzubrüllen.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.