Technologie

Generation C64?

Die Medien schrieben mir einst, ich gehöre zur „Generation X“, zur verlorenen Generation. Irgendwann habe ich einmal gelesen, dass es dafür sogar genaue Abgrenzungen gibt: Generation X gehe von den frühen 60ern bis 1978. Danach kommt schon Generation Y, die Geburtenjahrgänge 1979 bis 1994. Ich gehe mal ganz stark davon aus, dass 95 Prozent von euch zu einer dieser beiden Generationen gehören. Viel mehr kann demnach auch schon rein alphabetisch nicht mehr gekommen sein. Seit diesem Jahr gehöre ich angeblich zu noch einer Generation: der Generation C64. Spiegel-Online-Ressortleiter Christian Stöcker verwendete den Begriff in diesem Jahr in seinem Buch „Nerd Attack„. Er zählt diejenigen dazu, die in ihrer Jugend mit einem C64 gespielt haben, quasi damit aufgewachsen sind.

Stöcker beschreibt in seinem Buch den Graben, der sich zwischen dieser Generation und ihren Eltern auftut: Man wuchs damit auf zu spielen, Spiele zu kopieren, Dinge zu tun, von denen die Eltern keine Ahnung hatten. Und man lernte, vor der digitalen Welt keine Angst zu haben. Einige dieser Angstlosen haben am vergangenen Wochenende eine Organisation gegründet, die D64. Die Nähe des Namens zum C64 ist gewollt.


D64-„Aktivisten“

Der Verein D64 nennt sich „Zentrum für digitalen Fortschritt“ und sieht sich als Denkfabrik (Think Tank), um den Deutschen die Angst vor dem Netz zu nehmen. Standpunkte gibt es bereits zum Urheberrecht, zur Netzneutralität und zum Datenschutz, zu Transparenz und Arbeit. Die erste und bisher einzige, so genannte Position gibt es zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Da ist die D64 erwartungsgemäß gegen.

Konstruktiver als die Digitale Gesellschaft?

Das alles klingt seltsam bekannt. Gab es da im Frühjahr nicht schonmal sowas Ähnliches? Ja, gab es: Im April startete die Bürgerrechtsorganisation „Digitale Gesellschaft“ (Digiges) um den Netzpolitik-Blogger Markus Beckedahl. Die durfte sich gleich zum Start einiges an Kritik anhören, weil sie nicht die Meinung und Wünsche aller Netzaktivisten repräsentierte und nicht jeder mitmachen konnte, der wollte.

Das wird bei der D64 nicht anders sein. Aber der Verein will sukzessive weitere Mitglieder aufnehmen, die sich der Idee verbunden fühlen. Man will über Diskussionen, Veranstaltungen, Blogs, Studien und journalistische Beiträge Einfluss nehmen. Alles in allem, aber das nur mein persönlicher Eindruck, kommt die D64 deutlich unaufgeregter und konstruktiver daher als die Digiges. Und daran zeigt sich vielleicht auch, dass sich in diesem Jahr tatsächlich etwas bewegt hat. Die Regierungsparteien sind nach wie vor nicht so weit. Die Bevölkerung aber inzwischen schon. Tablets verkaufen sich auch hier wie geschnitten Brot, Smartphones steigen in der Gunst der Käufer, Startups schießen wie Pilze aus dem Boden, Fördermöglichkeiten nehmen zu. Die Bevölkerung schert sich nicht um die Politik und macht einfach. Das nährt die Hoffnung, dass unsere Gesellschaft die digitale Welt endlich doch noch begrüßt. Ob vom C64 inspiriert oder auch nicht.

(Jürgen Vielmeier, Bilder: D64 (CC BY 2.0))

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

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