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Zum Spobis 2019: Meine Wunschliste für das Sportbusiness

Zum SPOBIS 2019: Meine Wunschliste für das Sportbusiness
SPONSORs
geschrieben von Philipp Ostsieker

Der Januar ist nicht nur der Monat der guten Vorsätze, sondern auch der klugen Prognosen. Passend zum „Sportbusiness-Klassentreffen“ beim Spobis 2019 sieht sich auch das Sportbusiness mit offenen Fragen konfrontiert. Welches sind die Top-Themen, denen sich etablierte und neue Player in diesem Jahr stellen müssen?

Nein, natürlich deckt dieser Beitrag nicht ALLE aktuellen Themen im Sportbusiness ab. Die großen Visionen im US-Sport und die alltäglichen Probleme deutscher Kleinstadt-Clubs unter einen Hut bekommen?

Schwierig, das zeigen schon wenige Beispiele.

In Los Angeles entsteht für fünf Milliarden US-Dollar ein teures Stadion für die Football-Teams der Rams und Chargers. In Deutschland versucht der Handball-Sport etwas Momentum von einer erfolgreichen Handball-WM mitzunehmen.

Der Super Bowl steht an und wird erneut zum Technologie-Spektakel. Während die Formel E bei Sponsoren und jungen Zielgruppen durchstartet, arbeitet die Formel 1 an der Vision 2021.

Etablierte und neue TV-Anbieter bringen sich für die Bundesliga-Ausschreibung ab der Saison 2021/22 in Position. Genug Stoff für gute Geschichten! Mixed Reality, Blockchain und Co. sind hier nicht einmal inbegriffen.

Meine Wünsche für das Sportbusiness zum Spobis 2019

Aktuell bewegen mich speziell fünf Themen im Sportbusiness. Und ich verpacke sie sogar in eine kleine Wunschliste zum Spobis:

  1. Innovation: Den Mittelweg zwischen Hype und Verweigerung finden
  2. Content: Lasst uns bessere Geschichten erzählen!
  3. Personal Branding: Mitgestalten statt Lamentieren!
  4. E-Sports: Geschäftsmodelle statt Marketing-Experimente
  5. Voice: Geht noch mehr als nur Podcasts?

1. Innovation: Den Mittelweg zwischen Hype und Verweigerung finden

Was ist eigentlich das Problem?

Oft tun wir so, als ob es „die eine“ Universal-Lösung gäbe, um innovativ zu sein. Wir schließen uns in eine Art von Strategie ein und sagen: „So innovieren wir.“

Geht ein Fußball-Klub mit Hackathons oder Innovation Labs voran, ist das super. Die Gefahr: Ein undurchdachter Ansatz führt zu Lösungen, die gar nicht zu den eigentlichen Problemen passen.

Für die richtige Strategie zur Lösung eines Problems existieren zwei Fragen:

  • Wie gut können wir das Problem definieren?
  • Wie gut können wir die Fähigkeiten definieren, die wir benötigen, um es zu lösen?

Nicht jede Innovation ist disruptiv

Zum Glück: Die Zahl der Innovations-Verweigerer im Sport wird geringer. Trotzdem ist nicht jede Idee, jedes Feature das „next big thing“.

Neugier und Experimentierfreude gilt es unbedingt zu fördern. Gleichzeitig sollten wir alle wieder besser einordnen, wie „groß“ eine Innovation wirklich ist oder sein könnte.

Also: Bitte nicht inflationär von „Disruptionen“ sprechen. Disruption beschreibt den Prozess eines Ressourcen-armen Unternehmens, große und etablierte Firmen herauszufordern.

Was kann das für einen Sport-Club bedeuten? Es geht weniger um das sportliche Kerngeschäft als um den perspektivischen Kampf um mediale Aufmerksamkeit und Reichweite.

Klubs wie Eintracht Frankfurt oder der 1. FC Köln haben zuletzt Programme gestartet, um eben die Themen anzugehen, die nicht unbedingt Teil ihres Kerngeschäfts sind. Und das ist auch gut so.

Speziell bei jüngeren Zielgruppen sowie im internationalen Vergleich sehen sich Fußball-Klubs einer Vielzahl von neuen Wettbewerbern ausgesetzt.

2. Content: Lasst uns bessere Geschichten erzählen!

Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht

Ob Medien, Marken oder Clubs: Wir alle verdienen eine höhere Aufmerksamkeit. Das bilden wir uns immerhin ein.

Unsere Annahme: Der Bedarf an Sport- und speziell Fußball-Übertragungen weltweit ist noch nicht gesättigt. Vor dem Hintergrund des Wettbietens um teure Sportrechte steigt das Interesse an alternativen Sport-Inhalten.

Viele klassische und neue Marktteilnehmer konkurrieren um die Aufmerksamkeit der Fans. Plattformen wie Netflix oder Amazon sprechen von Original Content.

Verticals wie Sportbible erreichen elf Millionen Fans auf Facebook und über drei Millionen auf Instagram. Auf YouTube stechen Fan-Kanäle oder etwa die Freekickerz mit über sieben Millionen Abonnenten etablierte Clubs, Sender und Ligen aus.

Und dann meinen auch noch Otro, Dugout oder Copa90 unverzichtbare Plattformen zu sein.

Sinkende Aufmerksamkeitsspannen sind das falsche Argument

Das Problem sind nicht sinkende Aufmerksamkeitsspannen, sondern zu viele Angebote auf einmal. Auf was sollen sich Konsumenten also konzentrieren?

Argumentieren wir nur mit Aufmerksamkeitsspannen, werden Content-Produzenten einfach nur noch kürzere Inhalte anbieten. Das Ergebnis: In den Newsfeeds häufen sich vor allem Inhalte, die das wahrgenommene Problem bedienen.

Übrig bleiben Inhalte, die wenig Zeit beanspruchen, dafür aber austauschbar sind. Menschen werden immer Zeit in gute Inhalte investieren. Das heißt nicht, dass nicht auch Instagram Stories, GIFs oder Cat Content relevant sein können. Auch hier ist Experimentieren erwünscht.

Schritt eins sollte aber eine konsistente Content-Strategie sein:

  1. Kern-Strategie: Welcher Vision und welchem Ziel dienen unsere Inhalte?
  2. Substanz: Welche Arten von Inhalten brauchen wir, um unsere Strategien zu erreichen? Mit welchen Botschaften kommunizieren wir mir unseren Zielgruppen?
  3. Struktur: Wie wird der Inhalt strukturiert, periodisiert, organisiert und dargestellt, sodass er unsere Strategie unterstützt?
  4. Workflow: Welche Prozesse, Tools und Ressourcen brauchen wir, um erfolgreich Inhalte zu produzieren und zu pflegen, die im Sinne unserer Strategie sind?
  5. Steuerung: Wie werden Entscheidungen über Content-Strategien und Inhalte getroffen?

3. Personal Branding: Mitgestalten statt Lamentieren!

Der Aufstieg der Social-Media-Fußballer

Nicht zuletzt konkurrieren die Clubs mittlerweile mit ihren Top-Stars, die inzwischen die Stärkung ihrer Personal Brand fokussieren. Dank Instagram und Co. ist es ein Leichtes, unabhängig vom eigenen Team Aufmerksamkeit zu generieren.

„Elf Freunde müsst ihr sein!“ So schön dieses Zitat für Fußballromantiker ist, so irrelevant ist es 2019 leider auch. Das mögen wir alle bedauern,

Der Fall Ribéry zeigte zuletzt, wie machtlos ein Club sein kann. Andere Clubs wiederum leiden doppelt unter einigen Spielertransfers. Barcelona und Neymar oder Bayer Leverkusen und Chicharito: Wer den Verein verlässt, nimmt mittlerweile auch viele Fans mit zum nächsten Club – und sei es nur in bestimmten Märkten.

Es wird deutlich: Viele Clubs verteilen die Aufgabe des Markenbotschafters auf zu wenige Schultern.

Markenaufbau nicht erst nach Karriereende

Wie können Clubs dieses Problem lösen?

Ein Ansatz: Clubs gestalten das Personal Branding all ihrer Stars aktiv mit. Und diese Förderung muss unbedingt über einfaches Medientraining hinaus gehen.

Kritiker merken an: Transfers von wichtigen Spielern wird es immer geben – warum also beim Personal Branding unterstützen? Es erinnert an die altbekannte Frage: „What happens if we invest in developing our people and then they leave us?“ und die entsprechende Gegenfrage: „What happens if we don’t, and they stay?“

Ein Beispiel: In der NFL verfolgen die LA Rams die „Karriere nach der Karriere“ für ihre Stars. Im Bildungssystem für Sportler existiert eindeutig eine Lücke. Die Rams versuchen, diese mit einem eigens dafür kreierten Playbook zu schließen.

Die oft vermissten „Typen“ im Sport entwickeln sich nicht durch große Parolen, sondern gezielte Wissensvermittlung. Wer ein fundierteres Selbstbild entwickeln kann, wird sich auch leichter tun, seine Plattform für mehr als nur den Sport zu nutzen.

Für Clubs muss diese Strategie nicht einmal ganz uneigennützig sein. Jeder Star fungiert als eine Erweiterung der Club-Marke und verhilft ihr zu größerer Aufmerksamkeit und Präsenz.

4. E-Sports: Geschäftsmodelle statt Marketing-Experimente

E-Sport-Einstieg: Gute Idee, aber kein Muss

Generell müssen sich professionelle Clubs überlegen, wie sie unabhängiger vom sportlichen Erfolg werden können. Wollen Clubs speziell im internationalen Vergleich wachsen, müssen alternative Erlösquellen her. Viel diskutiert – auch auf den Bühnen der Spobis 2019: E-Sports-Aktivitäten.

Die Chancen wirken riesig. Beinahe täglich werden wir mit spannenden Zahlen aus der Gaming-Szene konfrontiert. Der Blick auf die globale Umwelt ist vielversprechend. Die Basis an Gamern ist gigantisch.

Aktiv und passiv investiert eine spannende, junge Zielgruppe extrem viel Zeit in Gaming und E-Sports. Publisher, Konsolen-Hersteller und Streaming-Plattformen tun alles, um den Markt voranzutreiben.

Speziell im Bereich Sponsoring entstehen relevante Erlös-Potenziale. Nicht einmal die Debatte, ob wir über einen „richtigen Sport“ reden oder nicht, fällt wirklich ins Gewicht.

Denn: Am Ende geht es für das Sportbusiness um konkurrierende Entertainment-Formate und die Aufmerksamkeit relevanter Zielgruppen. Gleichzeitig gibt es legitime Pro- und Contra-Argumente für oder gegen einen Einstieg.

Virtuelle Bundesliga als Gamechanger?

Ein Konstrukt wie die Virtuelle Bundesliga (VBL) für FIFA 19 nimmt eine Reihe von Vereinen mit. Erster Eindruck: geringes Risiko, geringe Wachstumsmöglichkeiten.

Die Teilnehmer werden das ein oder andere Sponsoring verlängern können. Und vielleicht sammeln sie auch wertvolle Erfahrungen und Kontakte innerhalb der Szene.

Viel spannender dagegen sind etwa die jüngsten Aktivitäten von Schalke 04 und dem 1. FC Köln. Beide haben erwähnenswerte Investments getätigt.

Die Schalker gelten neben dem VfL Wolfsburg als E-Sports-Pionier in der Bundesliga. Die Teilnahme an der EU LCS ist den „Knappen“ rund zehn Millionen Euro wert.

Auch der 1. FC Köln denkt strategisch und hat in die bekannte E-Sport-Organisation SK Gaming investiert. Ein weiterer prominenter Investor ist die Daimler AG.

Ein kurzfristiger Pay-off dank Sponsoring, TV-Rechten oder Merchandising scheint in beiden Fällen nicht realistisch zu sein. Dennoch gehen sie diese Wette ein, weil sie an das Ökosystem E-Sport glauben.

Wichtig: Wer die E-Sports-Szene nicht ernst nimmt oder Angst hat, Rückschläge in Kauf zu nehmen, sollte sein Glück woanders suchen. Schalke und Co. haben sich auf unbekanntes Terrain begeben, aber ihre Aktivitäten bislang sehr konsequent weiterentwickelt.

5. Voice: Mehr als nur Podcasts!

Warum hat nicht jeder Club einen Podcast?

Keine Frage: Qualität, Vielfalt und Reichweiten von Podcasts haben sich toll entwickelt – auch im Sport. Neben den Business-Formaten von Sponsors oder Sports Maniac haben sich Entertainment-Formate wie der Phrasenmäher oder Fußball MML längst etabliert.

In der Bundesliga hat sich immerhin Borussia Mönchengladbach als First Mover profiliert. Es ist sehr verwunderlich, dass sich darüber hinaus kaum Beispiele für Club-Formate finden lassen.

Die Produktionskosten sind überschaubar, relevante Geschichten liegen auf der Straße, das Format Podcast bietet eine tiefgründige Alternative zu schnellen Social-Media-Formaten.

Ganzheitliche Voice-Strategien in weiter Ferne?

Nehmen wir mal an, dass einige Clubs beim Thema Podcast aufholen. Von ganzheitlichen Ansätzen beim Thema Voice kann derzeit keine Rede sein. Wo bleiben sichtbare Lösungen für Voice Search, Voice Marketing oder Voice Commerce? Alexa Skills? Ja, ein paar. Umfangreiche Strategien? Noch Fehlanzeige.

Zunächst muss weiterhin die Frage stehen: Wie kann ich meinen Fans die bestmögliche Fan Experience bieten? Danach: Wie kann Voice dazu beitragen?

Es ist fraglich, ob die Mehrzahl der Clubs überhaupt Frage eins beantworten kann. Sieht man sich einige Sportbusiness-„Lösungen“ zum Thema Mobile Ticketing oder E-Commerce an, kann das Thema Voice vermutlich erst in einem der übernächsten Schritte wirklich relevant werden.

Schade, denn die Technologie hat so viel zu bieten. Doch jeder Anbieter im Sportbusiness muss sich schon die Mühe machen und seine Fan Experience rund um den Spieltag gezielt auf relevante Schnittstellen prüfen.

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Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.