In meiner Zeit als Start-Upper bin ich zum ersten Mal darauf aufmerksam geworden, dass die Deutsche Telekom nicht nur ein „traditionelles“ Telekommunikationsunternehmen ist, sondern seine Fühler auch ins Web 2.0 ausgestreckt hat. Damals entdeckte ich nämlich das von ihr betriebene Portal Betabuzz, auf dem über Web-Trends, innovative Internet-Dienste und Start-ups berichtet wird. Um ihre Ambitionen im Netz zu unterstreichen, hat die Telekom am 13. Mai dieses Jahres darüber hinaus die offene Entwickler- und Community-Plattform Developer Garden (DG) gelauncht.
Hier können externe Entwickler über von der Telekom geöffnete Schnittstellen auf deren Kerndienste zugreifen und sie zur Entwicklung eigener Anwendungen wie zum Beispiel Mash-ups oder Add-ons nutzen. Bislang kann man mit den dazugehörigen SDKs Dienste aus den Bereichen Telefongespräche (Voice Call / Conference Call), SMS-Versand, Local Search und Lokalisierung von Internetnutzern anhand der IP-Adressen nutzen. Darüber hinaus kann man sich in verschiedenen Diskussions-Foren und einem Blog mit anderen Entwicklern und Technologiepartnern austauschen oder ratsuchend an eine Experten-Community wenden. Als sich mir nun vor Kurzem die Möglichkeit bot, einige Fragen an den Leiter des Projekts, Thomas Mörsdorf, zu stellen, wollte ich die Chance natürlich nutzen, um etwas erfahren, das man nicht auf der Homepage, in der Presseerklärung oder bereits auf anderen Seiten über DG nachlesen konnte.
Als Außenstehender frage ich mich natürlich, warum sich die Telekom langsam aber sicher immer weiter von ihrem Kernmarkt beziehungsweise ihren Kernkompetenzen entfernt. Darauf angesprochen antwortete mir Mörsdorf, die Telekom habe seinerzeit in Netze investiert und dann versucht, den Nutzen aus den Investitionen zu maximieren. „Wir haben in diesem Bereich eine breite technologische Basis, die außer uns niemand hat. Auf dieser Ebene sind wir ohne Konkurrenz.“ Allerdings, so Mörsdorf weiter, würde man das vorhandene Potenzial selbst nicht optimal, das heißt ausreichend ausschöpfen können. Daher suchte man nach Wegen, die Netze kreativer und noch gewinnbringender zu nutzen. Eine Lösung sei schließlich die Öffnung von Netzen und Applikationen für externe Programmierer gewesen. Hierbei handele es sich um eine Win-Win-Lösung für alle Beteiligten, da sowohl die Entwickler als auch die Telekom bei dem Deal zusätzliche Umsätze generieren könnten. Und natürlich erhofft man sich hierdurch bei der Telekom auch eine Verbesserung des eigenen Image, so Marsdorf.
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Wie denn die „Alte Dame“ Telekom und das Web 2.0 zusammenpassten?, wollte ich dann erfahren. „Das ist wie ein VW mit Porschemotor“, so Mörsdorf, „oder ein Tonstudio, in dem die Studiotechnik (die für ‚Tradition‘ steht) von coolen, hippen Typen (die für das Web 2.0 stehen) dazu genutzt wird, um moderne, neue Sachen zu machen.“
Oft wird der Kontakt zur Community nur vorgegeben und existiert gar nicht beziehungsweise ist Teil einer PR-Strategie. Hierauf erwiderte Mörsdorf: „Wir wollen nichts entwickeln, das keiner haben will. Daher suchen wir den Dialog mit der Community“. So habe man zum Beispiel danach gefragt, welche SDKs sinnvoll seien und die Community habe sich für „Ruby“ ausgesprochen. Oder umgekehrt: Es sei von Seiten der Community gefordert worden, dass man bei SMS keine Zentralnummer mehr verschickt , sondern eine validierte Nummer, so Mörsdorf weiter.
Beim Konzept, Schnittstellen über APIs zu öffnen und SDKs zur Verfügung zu stellen, habe man sich natürlich an Facebook und Apple orientiert – das könne und wolle man bei DG gar nicht leugnen. Der Markt habe sich drastisch verändert und aus geschlossenen Netzwerken seien offene Plattformen und aus Konsumenten „Prosumer“ geworden, so Mörsdorf. Diese gestalteten Inhalte, Services und Interfaces im Rahmen ihrer individuellen Bedürfnisse und erwarteten dabei Unterstützung.
Nach seiner Lieblingsapp eines externen Entwicklers gefragt, nannte Mörsdorf Tellja: ein Plug-in für Empfehlungsmarketing per SMS. Dieses wurde nämlich nicht nur über die „Send SMS„-API von DG programmiert, sondern sei so einfach und erfolgreich zugleich, dass man den Programmierer um den Quellcode gebeten hat, um es mit ihm zusammen zu vertreiben, so Mörsdorf. Tellja sei daher für ihn ein Beispiel sowohl für eine „Erfolgsgeschichte“ als auch für die Möglichkeiten, die DG den Entwicklern biete.
Klingt so, als würde man bei DG mit offenen Karten spielen und eine straighte Linie verfolgen. Ich als Nicht-Programmierer kann die Sache in diesem Fall aber leider nur von außen bewerten. Und da gilt für mich der Grundsatz: Worte sind häufig nur Schall und Rauch und das heute Gesagte zählt morgen nicht mehr oder ist bereits vergessen. Der Blog mit abgeschalteter Kommentarfunktion ist ein mahnendes Beispiel dafür, wie die guten Vorsätze der Telekom im Web dann tatsächlich aussehen. Daher die Frage: Hat jemand von euch schon Erfahrungen mit DG gesammelt? Wenn ja: Ist tatsächlich alles so rosa-rot wie das „T“ der Telekom oder ist das alles nur Blendwerk?
(Marek Hoffmann)